Usbekistan - Die Normalität kehrt zurück

Der Grenzübertritt von Turkmenistan nach Usbekistan verlief unkompliziert und unspektakulär. Freundlich wurden wir von den Turkmenen verabschiedet und noch viel freundlicher wurden wir von den Usbeken Willkommen geheissen. Schon bald erreichten wir die erste Zivilisation. Die Männer liefen in Shorts und Obenohne umher, während die Frauen immer öfters kurze Röcke und T-Shirts trugen. Unter einer Ansammlung von Bäumen gönnten wir uns eine kleine Pause. Kurze Zeit später kam schon der Bauer auf uns zu und riet uns im Fluss zu baden. Endlich, es schien uns alles wieder normal und frei. Keine strengen Kleidervorschriften mehr, die Menschen verhielten sich freundlich aber trotzdem zurückhaltend sodass man sie einfach sofort lieben musste. In der Stadt Nukus erledigten wir schnell die nötigen Dinge welche bei jedem neuem Land zu den standard Aufgaben geworden sind. So wechselten wir Geld, kauften eine Sim-Karte, machten eine Autoversicherung und kauften für den täglichen Gebrauch Brot, Früchte und Gemüse auf dem Bazar ein. Mit Guilhem und Agathe welche wir erneut zufällig vor einem Shop trafen machten wir uns auf den Weg raus aus der Stadt zum grossen Fluss Amudarja. Unter den schattenspendenden Bäumen nisteten wir uns gemütlich ein und beschlossen bald, hier einen Tag auszusetzten und uns zu erholen. Als am Mittag trotzdem die Sonne über uns kochte beschlossen wir uns den Sprung ins Nass zu wagen. Das Wasser war derart trübe das man seine eigene Hand Unterwasser nicht erkennen konnte. Auch die Wassertemperatur war nicht sehr kühl doch die starke Strömung täuschte eine willkommene Abkühlung vor. Beinahe wie Zuhause liessen wir uns immer wieder mit der Strömung den Fluss abwärts ziehen. Wir waren selber erstaunt wie weit sich unsere Ansprüche verändert hatten. So genossen wir diesen Nil ähnelnden Fluss welcher uns trotz seiner schmutzig wirkenden Farbe erfrischte und uns ein sauberes Gefühl schenkte. Es kam uns vor wie in den Ferien, so konnten wir für einen Tag die Reise mal ausblenden und uns einfach erholen.

 

Mit neuer Motivation verliessen wir Nukus in Richtung Aralsee. In Moynak erreichten wir die früher florierende Fischstadt welche sich auf einer «Halb»Insel befand. Doch schon auf dem Weg zur Stadt war zu erkennen das sich hier gerade eine traurige Geschichte schreibt.
Seit den 70er senkte sich der Wasserpegel stetig bis die komplette Fischwirtschaft zum Erliegen kam. Durch den Rückzug der Küste blieben zahlreiche Boote auf dem trockenen Grund zurück. Mit dem Austrocknen der stark überdüngten Baumwollplantagen wurde das Gift mit dem zunehmenden Wind in die Stadt getragen. Nebst der schlechten Wirtschaftslage, dem immer wärmer werdenden Klima breiten sich diverse Lungen- und Atemwegserkrankungen immer weiter aus. 
Trotzdem begegneten wir vielen freundlichen und motivierten Anwohnern welche zuversichtlich waren, dass die Hilfsprogramme ihre Wirkung zeigen werden. Die motivierteste aller Gruppen welche wir auf der Strasse antrafen waren die jüngsten Nachkommen welche von den älteren Damen beim spielen gehütet wurden. Die etwas Grösseren folgten uns mit ihren viel zu grossen Fahrrädern quer durch die Stadt. So opferte Ädu seinen letzten Pack der köstlichen Haribo Bären, welche redlich untereinander aufgeteilt wurden. (Danke Bitli)

 

Seit dem Iran besuchten wir regelmässig Orte in denen die Wasserknappheit ein aktuelles Thema ist. In der Wüstenstadt Aschgabat sahen wir die verschwenderischen Brunnen welche das Wasser über den längsten künstlichen Kanal (über 1500km) aus dem Amudarja abführte. Auch die Unmengen an wasserzehrenden Baumwollplantagen in Turkmenistan und Usbekistan lassen den Wasserpegel stetig zurück gehen. Der Grundwasserspiegel senkt sich mit der ansteigenden Hitze, sodass das zurückbleibende Wasser langsam zu versalzen droht. Für uns ist es sehr spannend und eindrücklich zu beobachten wie sich der Umgang mit dem Wasser über alle diese Länder und Regionen verändert. Welche Folgen eine Katastrophe in einer komplett anderen Region zur nächsten führen kann. Es ist traurig zu sehen wie der verschwenderische Umgang mit Wasser zum Verlust der Lebensgrundlage einer riesigen Region und somit deren Einwohner führen kann.  

 

Unser Weg führte uns durch die öde Wüste Kizilkum nach Khiva. Nach über 400km bei 42 Grad und einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 60 km/h erreichten wir die Stadt. Im Park hörte man schon die Fussballfans jubeln. Unser Interesse nach dem laufenden Finalspiel war geweckt. Ein kurzer Blick auf die Leinwand im Garten des Restaurants war den anwesenden jedoch nicht genug. Eine Gruppe junger Typen forderte uns auf uns zu ihnen an den bereits überfüllten Tisch zu setzten. Schon bald stand ein kühles Bier, Pepsi mit Schaschlik auf dem Tisch. So verbrachten wir den grossartigen Finalabend der WM.

 

Die kleine, übersichtliche Altstadt besuchten wir schon früh morgens, denn die Sonne quälte uns kurz nach deren Aufgang aus dem Bus. Nach dem steilen Aufstieg ins Minarett liessen wir uns mit Muskelkrämpfen in den Oberschenkel ins nächste Restaurant fallen. Nach einer kurzen Verpflegung machten wir uns zurück auf die Strasse.

 

In der Nähe des abgelegenen Fort Koi Krylgan Kala fanden wir endlich ein ruhiges, schattiges Plätzchen wo wir unsere Outdoor Dusche geniessen konnten und etwas Zeit für uns hatten. Schon am nächsten Tag jagten wir erneut der noch immer gleich aussehenden Umgebung hinterher. Nach weiteren 400km in brütender Hitze erreichten wir Buchara. Eine weitere Sehenswerte Stadt liegt vor uns, doch die Motivation diese zu Besuchen war bei Ale nicht vorhanden. So entschieden wir uns lediglich das nötigste in der Stadt zu erledigen und den Abend am nahegelegen See Todakol zu verweilen. Am nächsten Mittag standen wir nun im Zentrum dieser eher touristischen Stadt. Doch die Lust weitere Moscheen, Mausoleen oder Medresen in dieser anhaltenden Hitze zu Besuchen war noch immer nicht wirklich vorhanden. So setzten wir uns kurzerhand in den schattigen Park welcher sich zwischen all den schönen Gebäuden befand und nutzten die Zeit für unseren Bericht. Nicht das wir dort ungestört hätten verweilen können, doch die kurzen Gespräche mit den jungen Usbeken kamen uns sehr gelegen. Am Abend verweilten wir auf dem Parkplatz vor unserem Bus und erfuhren in diversen Gesprächen das unser Bus hier in Usbekistan bekannt sei, und zwar von Scooby-Doo.

 

Nach der Besichtigung der Stadt am morgen früh, machten wir uns erneut auf den Weg raus aus der Stadt in Richtung Samarkand. Doch wie so oft erledigten wir noch diverse Dinge bevor wir die Stadt wirklich verliessen und so rückte das Erreichen unseres Tagesziels immer weiter in die Ferne. Trotzdem tuckerten wir gemütlich der Strasse entlang bis uns die Polizei mit wild herumwirbelnden Armen an den Strassenrand winkte. Unserer Schuld nicht bewusst stiegen wir aus dem Bus und liessen uns von einem anderen erwischten Autofahrer übersetzten das wir zu schnell unterwegs waren. Unser erstaunen war gross, wir? Zu schnell? Wir hatten keine Ahnung welche Höchstgeschwindigkeit überhaupt erlaubt war, denn die Geschwindigkeitstafeln sind hier in Usbekistan eher Mangelwahre. Uns wurde erklärt anstelle der erlaubten 70km/h wären wir 77km/h gefahren. Mit einem Bild auf der Radarpistole hatten wir leider keine Möglichkeit mehr uns aus der Situation zu winden. Sage und schreibe 250$ sei die Buse. Unser hilfsbereiter Übersetzer, der ziemlich sicher gleich sein Schmiergeld mitverdiente, handelte mit uns bis wir uns bei 50$ einigen konnten. Leicht genervt über die unnötige Buse fuhren wir korrekt mit 70km/h weiter. Kurz darauf verliessen wir die Schnellstrasse und suchten uns im angrenzenden Dorf einen Platz für die Nacht. Schon bald forderte uns die Mutter aus dem einzigen Haus weit und breit auf, sie zu Besuchen und einen Tee zu trinken. Wir folgten der sympathischen Frau in den Innenhof wo uns die ganze Familie empfing. Wie erwartet blieb es nicht nur bei einer Tasse Tee. Sie deckte den Tisch mit reichlich Essen doch wir beide waren die einzigen welche assen. Wir zeigten ihnen Bilder aus der Schweiz und versuchten uns mit wenigen Worten zu verständigen. Die Freude über zwei Schweizer Gäste in Ihrem Zuhause war jedoch für uns auch ohne Worte klar zu spüren. Vor allem der eine Sohn war Querschnittsgelähmt und für ihn war diese Abwechslung ein Highlight, er nervte sich ständig über seine fehlenden Englischkenntnisse.

 

Mit dieser, für uns wie auch für die Familie, bereichernden Begegnung fuhren wir weiter in die nächste Stadt. Spät abends erreichten wir die Stadt Samarkand. Unser erster Besuch war die Gräberstadt Shohizinda. Der Anblick dieser zahlreichen, blau geschmückten Grabstätten war grandios. Nach dem Besuch des Mausoleums von Timur und der riesigen Mosche verweilten wir in den zahlreichen Teestuben. Kurz vor Sonnenuntergang suchten wir erneut den Platz Registan auf. Die 3 umliegenden Medresen zeigten sich von ihrer schönsten Seite und liessen den Platz in einem märchenhaften Licht erscheinen. Während uns der Anblick noch immer fesselte wurde Ädu von einem Wächter angesprochen. Nach einem kurzen Gespräch mit dem Beamten wurden wir durch eine kleine, versteckte Holztür zu einer Treppe welche aufs Dach führte, gebracht. Auf dem Dach übergaben wir, leicht geduckt, dem Beamten ein par kleine Noten und schlichen uns um die grosse Kuppel bis zum Dachrand wo sich der Eingang in das hohe Minarett befand. Durch eine kleine Öffnung krochen wir eine weitere steile, enge Treppe hinauf bis wir unsere Köpfe aus einer kleinen Lucke im Dach des Minaretts herausstrecken konnten. So erhielten wir den atemberaubenden Anblick der Stadt mit der untergehenden Sonne.

 

Wie schon zahlreiche Poeten und Schriftsteller sind auch wir begeistert von dieser wunderschönen Stadt.

 

Schlag auf Schlag ging es weiter. Die nächste Stadt erwartete uns schon. Auf dem Weg nach Taschkent verlor jedoch das Fenster von Ale jeglichen Halt und verschwand ins Türinnere. Dieses Problem schränkte unsere Schlafplatzsuche massiv ein. So entschieden wir uns kurzerhand beim nächsten Motel ein Zimmer zu nehmen in der Hoffnung dort auch das Fenster irgendwie zu reparieren oder wenigstens über Nacht den Bus bewacht zu wissen. Die zahlreichen russischen LKW-Fahrer standen schnell zur Hilfe und organisierten uns einen Typen welcher kurz darauf mit einem Zweikomponentenkleber heranbrauste. Die Idee war gar nicht so schlecht, wäre da nicht die Ungeduld der Ostblockmänner. Jegliches Einmischen und Daraufhinweisen, die Klebstelle zuerst gründlich zu reinigen, wurde gekonnt ignoriert. Dazu kam leider das Nichtwissen der Benutzung des Spezialklebers. So wurde grosszügig von beiden Komponenten, jedoch in falschen Reihenfolge, auf die zerbrochenen Teile geschmiert. 10 Minuten später gaben sie uns stolz das Ok die Türverkleidung wieder zu montieren. Unsere Hoffnung das dieses Flickwerk lange hält war eher klein, doch für diese Nacht sollte es reichen. Schon am nächsten Morgen, beim ersten herunterkurbeln viel die Scheibe erneut ins Türinnere. So liessen wir die Stadt Taschkent einfach an uns vorbeiziehen und fuhren weiter ins Fergana Tal.

 

Dieses Tal schrieb in den letzten Jahrzehnten wiederholt schlechte Schlagzeilen. Geprägt durch ethnische Konflikte, Gebietsstreitigkeiten, Religiösen Fundamentalismus und Drogenschmuggel erhielt diese Region einen riskanten Ruf. Auch die Usbekische Regierung verlangt deshalb die lückenlose Registrierung welche durch die Hotels ausgeführt wird. Dennoch erschien uns der kurze Aufenthalt im Fergana Tal in Kombination mit einer weiteren Hotelübernachtung als guter Weg. Die Alternativroute über den unvorbelasteten, längen Pamir Highway in Tadschikistan muteten wir unserem Bus nicht zu.  

 

Lediglich die konservative Kleidung der meisten Menschen liess uns erkennen das in dieser Region der Glaube wohl noch einen höheren Stellenwert hat. Die Hilfsbereitschaft und die Freude über unseren Besuch liess jedoch nicht nach. So verliessen wir das schöne Usbekistan mit noch immer kaputtem Scheibenmechanismus.
Wir haben die Zeit in Usbekistan sehr genossen, da die Menschen noch immer sehr gastfreundlich und interessiert sind doch gleichzeitig Privatsphäre erkennen und akzeptieren. Das Land hat extrem viele schöne Städte und eine interessante Geschichte zu bieten. Doch vor uns steht Kirgistan welches wir zu unserem Urlaubsort erkoren haben.

 


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Kommentare: 1
  • #1

    Chrigu (CHA) (Donnerstag, 09 August 2018 08:30)

    Heja Zämä
    Öi brichtä si immer sehr interessant. I funges super das dir ou chli zvolk lehret kennä u nid numä das tourischtäzüg. I dänkä dir gseht di länder chli us angerne ougä. Wiiterhin viu spass u gniessets.